Rheinfelden. Empörialismus regiert die Republik, das mag Lisa Fitz überhaupt nicht. Genauso wenig Meinungsdiktatur, Gesinnungspolizei und Unwissenheit. Das hält sie für die Grundübel unserer Zeit. Auch ist sie gegen den Mainstream, gegen politische Stromlinienform. Und sie hat auch etwas gegen die Machtpolitik der „Machiavelline“, unserer Bundeskanzlerin. Aber genau betrachtet empört sich Lisa Fitz ja auch – und zwar über das, was sie „betreute Meinungsbildung“ nennt, und ruft dazu auf, dass man sich dagegen auflehnt.
In ihrem brandneuen Programm „Flüsterwitz“, das sie am Donnerstag im vollbesetzten Rheinfelder Bürgersaal vorstellte, beschäftigt sich Lisa Fitz, die eine der ganz Großen im deutschen Kabarett ist, mit Populismus, Kriegsrhetorik, Verschwörungstheorien und unsozialen Medien und plädiert für Diskussionskultur und Meinungsfreiheit. Aber das sagt sie nicht mal hinter vorgehaltener Hand, wie der Titel ihres Programms suggeriert, sondern offen und frei heraus. Ohne Angst, anzuecken. Ja, sie ist und bleibt eine streitbare, freigeistige Frau, die Haltung zeigt, Rückgrat hat, furchtlos ist und auch mal respektlos, wenn es sein muss.
Lisa Fitz sagt, was sie denkt. Und sie tritt auch mal dem einen Politiker auf die linken und dem anderen auf die rechten Füße, teilt kräftig nach allen Seiten aus. Das ist politisches Kabarett, wie man es liebt und so oft vermisst. Kabarett vom Kaliber eines Dieter Hildebrandt, der nicht nur Lisa Fitz so schmerzlich fehlt.
Vergesst Comedians! Die flache Comedy ist nicht ihr Ding, da setzt sie sich die Baseballkappe andersrum auf und watscht die Comedians ab. Auch das ist typisch Lisa Fitz, böse und lustig. Ein Witz von Lisa Fitz ist mehr wert als alle oberflächlichen Comedian-Kalauer und Gags.
Großartig ist die Kabarettistin, die die Jagdszenen aus Niederbayern auf das ganze Land und die ganze Welt ausdehnt, in ihren Songs und gespielten Figuren. Eine ihre tollsten Nummern ist die von „Tittitainment“, der trivialen Fernsehunterhaltung, dem Trash-TV von Reality- und Casting-Shows, wo ihre Pointe darin gipfelt, dass Lisa Fitz am liebsten unsere Politikmänner nackt im Glaskäfig sehen würde, „damit man weiß, welchen Arsch man überhaupt wählt“.
Ja, auch deftig kann sie sein, die Bayerin, und manchen Treppenwitz der Geschichte hat sie parat. Sie spielt auch mal die Hofnärrin und den Kasperl. Top ist die Fitz, wenn sie in der PoMo-(Politikmonster-)Nummer die Politiker mit Filmmonstern à la Godzilla und King Kong vergleicht, die eine Spur der Verwüstung hinterlassen.
Als „demokratisch liberale Feministin“ bezieht die Powerfrau politisch klar Meinung, schont auch Merkel nicht, nennt die Kanzlerin mit der Raute einen „ferngesteuerten Hosenanzug“ und will eine eigene Partei gründen, aber „ohne Angie“. Ein politisches Statement der Marke Fitz ist die eindringliche Szene gegen Ende des Programms, wenn sie über Waffenhändler und Kriegsminister herzieht. Da leuchtet dann das Bühnenbild mit dem Militär und der Friedenstaube blutrot auf.
Aber vor allem animiert Lisa Fitz zum Mit- und Nachdenken. Denken hilft, sagt sie, Wissen ist Macht, Bildung ist Information, und sie rät zum Gehirnjogging. Und so passt auch ihr Rap im Kapuzenshirt über die Unwissenheit ebenso wie der Song über „Revolution liegt in der Luft“ bestens ins aktuelle Programm, das recht sarkastisch ist, aber die Gedankenfreiheit hochhält. Und wenn man jüngst liest, dass die Pressefreiheit in Gefahr ist, kann man ihr nur Beifall zollen, wenn sie vorbeugend meint: „Freie Rede, so lange es noch geht!“
Text: Die Oberbadische, Artikel von Jürgen Scharf