Böblingen. Heiß beginnt sie, die zweiteWoche des Böblinger Marktplatz-Sommers.DieTemperaturen am Dienstagabend sind hochsommerlich. Und auf der Bühne steht mit der Kabarettistin Lisa Fitz eine Frau, die nicht viel Zeit braucht, um warm zu laufen. „Es glüht in mir“, sagt sie zu Beginn ihres Programms. „Wenn es etwas verbrannt riecht, dann sind das meine Synapsen.“ Die 68-jährige Lisa Fitz ist eine Frau mit Münchner Zungenschlag, die gerne einmal etwas derber vom Leder zieht. Eine Kabarettistin alten Schlags, die bekannt dafür ist, kein Blatt vor den Mund zu nehmen. Vor allen Dingen Politiker aller Couleur bekommen in ihrem Programm regelmäßig ihr Fettweg. So auch auf dem Böblinger Marktplatz. Der ist zwar mit rund 200 Zuschauern ganz gut gefüllt – doch die meisten Stühle bleiben verwaist. Lisa Fitz ficht das nicht an. „Gerade in diesen Zeiten braucht es jeden Zuschauer“, bedankt sie sich bei denjenigen, die trotz Corona gekommen sind. „Viele Leute haben wahrscheinlich Angst“, mutmaßt die Münchnerin. „Diejenigen,die hier sind, müssen die mutigsten in ganz Böblingen sein.“ Der Lohn für den Mut? Ein vergnüglicher Abend, ein paar unbeschwerte Stunden. „Es ist toll, dass so etwas stattfindet, dass es wieder ein kulturelles Angebot gibt“, findet Böblingens früherer Oberbürgermeister Alexander Vogelsang, der zusammen mit seiner Frau Andrea die besondere Atmosphäre auf dem Marktplatz genießt. Sie und die anderen Besucher erleben eine bestens aufgelegte Lisa Fitz. Politiker? Erhalten von ihr allesamt den Spiegel vorgehalten. Die Kabarettistin macht sich lustig über die Diäten, die sie erhalten, darüber, dass jeder Bundestagsabgeordnete den Steuerzahler jeden Monat 37500 Euro kostet. „Dabei fiele es gar nicht auf, wenn’s 100 weniger wären“, sagt sie. Die Grüne Claudia Roth knöpft sie sich genauso vor wie Kanzlerin Angela Merkel oder den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder und dessen Haltung zu Corona. „Wenn ich den reden höre, denke ich, ich muss morgen sterben“, frotzelt sie. Doch nicht nur Politiker sind Zielscheibe ihres bissigen Humors. Auch der Männer welt oder dem Privatfernsehen geigt sie zwischendurch gerne die Meinung. „Frauentausch oder Bauer sucht Frau – schauen Sie solche Formate nicht an“,sagt sie. Dazu zitiert sie ihren 2013 verstorbenen Kollegen Dieter Hildebrandt, mit dem sie selbst auf der Bühne stand: „Die Öffentlich-Rechtlichen haben die Hose gestrichen voll. Und die Privaten senden das, was drin ist.“Schließlich spannt sie den Bogen zurück zur Politik: „1918 hatten Frauen, Kinder und Schwachsinnige keinen Zutritt zum Parlament“, spottet sie. Da sei man heutzutage viel fortschrittlicher. „Heute sitzen alle drei drin.“
Quelle: Sindelfinger Zeitung / Böblinger Zeitung vom 11.08.2020, Artikel von Dirk Hamann