Künstlerin gastiert in der Alten Seminarturnhalle und pflegt voller Inbrunst die freie Rede.
NAGOLD. Das Bühnenbild. Rechts die Silhouette eines Soldaten, links die einer Friedenstaube. Damit war gleich von Anfang an klar: Lisa Fitz kann nicht nur lustig. Lisa Fitz kämpft. Lisa Fitz kann Politik. Aber wie! Das hat sie am Freitagabend in der fast normal vollen Alten Seminarturnhalle mit ihrem Programm »Flüsterwitz« unter Beweis gestellt.Sie kämpft für die freie Rede. Den »Flüsterwitz«, so die Kabarettkünstlerin, Autorin und Schauspielerin kenne man eigentlich nur aus Diktaturen. »Was gibt’s für neue Witze?« »Zwei Jahre Knast!« In Deutschland drohe die Gefahr vorerst nicht. Denn: »Die Komiker sitzen in der Regierung.« Während die Parteien darüber diskutieren, wie sich der Bundestag mit derzeit 709 Abgeordneten künftig verkleinern ließe, sagt sie, 100 Abgeordnete weniger, das falle gar nicht auf und erntet dafür reichlich Beifall. Die Politiker- und Parteienschelte kam beim Publikum gut an. Selbst für den Satz »Kein Politiker sollte unter sechs Halben reden dürfen« haben die Leute geklatscht.Gezielt hat Lisa Fitz zum Beispiel auf »Flinten-Uschi«, also Ursula von der Leyen, geschossen. Die als Verteidigungsministerin keine gute Figur gemacht hat, man denke nur an die Sache mit dem Gewehr G36, der Flinte. Eine Sache, die uns bis heute in Atem hält. »Und«, fragt Lisa Fitz ins Publikum, »haben Sie eine Ahnung, wie viel Geld Flinten-Uschi für Berater ausgibt?« Nur wenige haben eine Ahnung und da können wir froh über politische Kabarettistinnen vom Schlage Lisa Fitz sein, die uns die Augen öffnen: Tatsächlich hat das Verteidigungsministerium voriges Jahr unter dem Kommando von »Flinten-Uschi« 300 Millionen Euro allein für »Berater« ausgegeben. Ja, man kann sagen, das Publikum hat sich dennoch gut amüsiert und viel gelacht. Ist ja auch ein guter »Flüsterwitz«: »Russland ist ja so rückständig. Die manipulieren die Wahlen. Wir sind weiter. Bei uns manipulieren sie die Wähler.« Man kommt da ein bisschen ins Grübeln, nicht beim Lisa-Fitz-Abend, da folgt Witz auf Witz, aber danach: Wen soll man denn noch wählen, wenn alle besoffen oder korrupt sind? Doch grübeln wir nicht, lachen wir mit Lisa, die seit mindestens 40 Jahren auf der Bühne steht. Sitzt doch da ein Typ mit Glatze und Springerstiefel im Wartezimmer. Alle ducken sich. Alle schauen weg. Nur eine alte Dame spricht den Typen freundlich an: »Ach, Sie hams aber auch nicht leicht: Erst Chemo und dann orthopädische Schuhe.«Sie kämpft für den Feminismus. So wie sie das macht, hat sie den Beifall echt verdient. Wenn da einer sagt (es war der Formel-1-Wicht Bernie Ecclestone), Frauen müssten weiß gekleidet sein, wie alle Haushaltsgeräte, dann malen wir uns aus, was eine Lisa Fitz mit ihm machen würde, träfe sie ihn in einer dunklen Gasse. Als Frau müsse sie sich nicht entscheiden, ob sie recht haben oder geliebt werden will. Als Frau müsse man mutiger, aufmüpfiger sein. Dieses Zitat von Lisa Fitz hat Berühmtheit erlangt: »1918 hieß es, Frauen, Kinder und Schwachsinnige hätten keinen Zutritt zum Parlament. Heute sind wir weiter: Alle haben Zutritt.« Angesichts der Tatsache, dass die Zahl derjenigen immer noch groß ist, die das nach 100 Jahren Kampf für die Gleichberechtigung der Frau nicht so sehen, kann man der kämpferischen Kabarettistin nur zustimmen: Keinen Schritt zurück!Sie kämpft für den Frieden. »Als Pazifistin bin ich ein bisschen retro«, sagt sie. Aber jetzt ist klar, warum da der Soldat und die Friedenstaube als Bühnenbild dienen. Die Friedenstauben sind müde und die Falken triumphieren. Sie sagt es mit Frank Zappa: »Die Politik ist die Unterhaltungsabteilung der Rüstungsindustrie.« Lisa Fitz ergänzt: »Wir wollen Fluchtursachen bekämpfen und liefern Waffen, Waffen, Waffen.« So schließt sich der Kreis – Vor-sicht beim Umgang mit Politikern. Nicht allen glauben, lieber selber denken.Das haben wir an diesem Abend mit und von Lisa Fitz gelernt: Dass man lachend kämpfen und kämpfend lachen kann. Dass man denken soll: »Das Gehirn ist keine Seife. Es wird nicht weniger, wenn man es benutzt.« Quasi als Zugabe brachte sie dann noch ein Lied, das ihr Vater Walter, ebenfalls politischer Kabarettist, geschrieben hat: »Das Kamel«. So klang der Abend, trotz allem, heiter aus.
Quelle: Schwarzwälder Bote vom 12.10.2020, Artikel von Daniel Zabota