Wenn die Egerhalle zur Zeitkapsel wird – BOPFINGEN-AUFHAUSEN
Noch im November haben die damals geltenden Corona-Verordnungen das Gastspiel der Pionierin des deutschen Kabaretts, Lisa Fitz, verhindert. Beim Ersatztermin zog sie am Mittwoch alle Register und bewies den restlos begeisterten Zuschauern, dass sie nichts ihres provokanten Humors und ihrer Scharfzüngigkeit eingebüst hat.
Im Gegenteil, mit der Feinmotorik eines Baggers und der Exaktheit eines Herzchirurgen philosophierte sie unter anderem über „Online-Mikroben“, gendergerechte Sprache und kulturelle Aneignung. Wer sich als „Quoten-Frau“ einen Platz in der Ruhmeshalle des deutschen Kabaretts erobert hat, lässt sich nicht den Mund verbieten. Stattdessen sagte „Frau“ unverblümt und geradlinig, was „Frau“ über die omnipräsente politische Korrektheit denkt. Ihre autobiografisch-selbstironische Zeitreise begann mit der „Watsch’n“ im Kindertheater ihrer Großmutter und endete bei Goethe als erstem investigativen Verschwörungstheoretiker.
Dazwischen schwärmte sie vom Lebensgefühl und der Musik der 1960er- und 1970er-Jahre. Dass sie trotz astronomischer Einschaltquoten als Moderatorin der bayerischen Hitparade der „Deppen-Hölle“ entkommen wollte und sich auf die Suche nach dem Sinn des Lebens machte, erklärte sie ebenso humorvoll wie plausibel.
Das Ergebnis der Suche war die Erkenntnis, dass ihr nur das Kabarett die Möglichkeit bot und bietet, Musik, Gesellschaftskritik und Satire zu vereinen. Klar, dass auch die Politiker ebenso bedacht wurden wie die aus heutiger Sicht zum Teil fragwürdigen Liedtexte der deutschen Schlager. Ihr geschärfter Blick in die kabarettistische Glaskugel ließ auf eine düstere Zukunft schließen. Aber sollte statt der Shit-Storms der zum kritischen Mitdenken animierende „Fitz-Storm“ in Mode kommen, könne man die Zukunft positiv gestalten.
Quelle: Schwäbische vom 22.05.2022, Artikel von Jürgen Blankenhorn