Seit 40 Jahren tritt Lisa Fitz als Satirikerin auf und so lange gibt es auch das Podium. Ihr Gastspiel in Kaufbeuren zeigt, dass sich beide „Dauerbrenner“ treu geblieben sind, die Zeit aber nicht spurlos vorübergegangen ist.
Fulminant wurde im erstmals seit langer Zeit wieder voll besetzten Podium ein Doppeljubiläum gefeiert. Die Kaufbeurer Kellerbühne existiert heuer seit 40 Jahren, und ebenso lange ist Lisa Fitz als Kabarettistin unterwegs. So gab sich die Bühnenjubilarin auf der Jubiläumsbühne die Ehre, wo sie in den vergangenen Jahrzehnten schon mehrfach zu sehen war.
Mit Liza Minellis „Willkommen, bienvenue, welcome!“ aus dem Musical „Cabaret“ begrüßte Fitz das Publikum zu ihrem aktuellen Programm „Dauerbrenner“. Und wer zu ihren Auftritten geht, weiß, auf was er sich einlässt. Sie habe immer das geagt, was sie gedacht habe, betonte die Kabarettistin. Das sei damals so gewesen, als sie, nachdem sie ihre Moderatorenrolle der „Bayerischen Hitparade“ zum Entsetzen des Vaters geschmissen hatte, ins Kabarettfach umgeschwenkt war. Und sei auch heute noch so. Wobei Fitz dem Publikum heutzutage härteren Tobak zumutet als früher. So ist sie auch selbst wegen ihrer Nähe zu Verschwörungstheoretikern in die Schusslinie geraten.
Bei ihrem Auftritt im Podium ging es natürlich um Politiker, die sich die eigenen Taschen füllen, um Corona und die Folgen der Pandemie („Kultur ist nicht systemrelevant“) oder um die „Big Five“, die Tech-Giganten mit ihrem enormen Einfluss auf unser Leben. Mit ihnen ging sie hart ins Gericht. Das war im zweiten Teil ihres Programms („Da hätte sich manch einer von euch den ersten Teil zurückgewünscht!“). Doch vor der Pause gab sie zunächst bei einem Rückblick auf ihre ersten Lebensjahrzehnte viel von ihrem Privatleben preis („Mein Mann ist Perser, ein ganz Perverser“).
Die Quintessenz aus beiden Teilen: Lisa Fitz passt sich auch mit inzwischen 70 Jahren nicht an. Sie macht kein weichgespültes Programm, nimmt in Kauf, dass sie andere vor den Kopf stößt. So wie sie früher die Menschen durch ihre rustikale, häufig kracherte Art und ihren von Rock’n Roll und der Hippie-Kultur geprägten Lebensstil zur Schnappatmung brachte, so reibt sie sich auch heutzutage an der Gesellschaft – und die an ihr. Waren es früher Franz-Josef Strauß und seine Amigo-Clique, die sie ins Visier nahm, so sind es heute die Virologen und Politiker wie Angela Merkel, Karl Lauterbach und Jens Spahn, an denen sie sich abarbeitet. Strauß habe übrigens besoffen ein besseres Interview gegeben, als Spahn stocknüchtern, meinte sie mit einem gewissen Respekt vor dem CSU-Übervater. Noch einmal waren die Amigos dran an diesem Abend. Diesmal allerdings das gleichnamige Schlagerduo, „The Walking Dead aus Villingen“. Auch sie bekamen ihr Fett ab. Fitz steht halt auch nach so vielen Jahren (nein, ein Urgestein sei sie nicht und auch keine Grande Dame, das höre sich so nach Queen Mum an) immer noch für heftigen Rock’n’Roll. Die Musik der späten 60er, der 70er und 80er Jahre hat sie in sich aufgesogen. Als ob es dafür eines Beweises bedurft hätte, schlug sie gleich zu Beginn des Auftritts auf ihrer prächtig bunt bemalten Gitarre jenen ach so einzigartigen, mysteriösen und typischen Eröffnungs-Akkord des Beatles-Klassikers „A hard days night“ an. „Den kennt ihr alle! Die Älteren und auch die Jüngeren.“
Die Gitarre kam erfreulich oft zum Einsatz an diesem Abend im Podium. Auch bei ihrem aktuellen, sehr nachdenklichen Song „Deutschland, quo vadis?“ Ein Liebeslied, aber auch ein Lied, aus dem Unbehagen und Ratlosigkeit sprechen. Ihre harsche Kritik an der Politik verhinderte übrigens nicht, dass Ministerpräsident Markus Söder sie 2019 mit dem Bayerischen Verdienstorden ausgezeichnet hat. Sie habe die Auszeichnung gerne entgegengenommen. „Man kann sein Land lieben, ohne völkisch zu sein“, sagte sie.
Die „Dauerbrennerin“ Fitz regte zum Nachdenken an, auch wenn der eine oder die andere im Publikum nicht ihrer Meinung war. Wie auch immer, die Zuschauerinnen und Zuschauer im Podium quittierten ihren energiegeladenen Auftritt mit lang anhaltendem Beifall. Verdient.
Mit freundlicher Genehmigung der Allgäuer Zeitung
Artikel von Klaus D. Treude