Lisa Fitz sagt, was sie denkt – auch wenn es unbequem scheint. Kritik nimmt sie nach über 40 Jahren auf der Bühne aber recht gelassen. Diese 40 Jahre sind Grund für ihr Jubiläumsprogramm, mit dem sie am Samstag bei den Bad Vilbeler Burgfestspielen zu Gast ist.
Sie lassen sich nicht unterkriegen. Sie sagen: »Mit mir habt Ihr zu rechnen, bis ich 90 bin!« Woher nehmen Sie dieses Selbstbewusstsein?
Das ist ja zuerst mal eine Selbsteinschätzung aus Erfahrung. Wenn man zirka 4500 Sologastspiele absolviert hat wie ich, und seine Fitness kennt, lässt sich erahnen, dass man wohl noch eine ganze Weile seiner Berufung nachgehen kann und will. Außerdem sollte schon klar sein, dass das eine Pointe war? Ich stehe seit meinem zehnten Lebensjahr auf der Bühne, seit 1972 als Profi, und davon über 40 Jahre mit Kabarett. Ich denke, da kann man sich, seine Leistung und die Aussichten gut einschätzen.
Das kommt durch Ihre Erfahrung?
Selbstbewusstsein ist ja nicht etwas, was man »einfach so hat« oder auf mysteriöse Weise irgendwoher »nimmt«. Das erarbeitet man sich mit den Jahrzehnten. Das ist das Schöne, wenn man älter wird: Man lernt sich selbst besser kennen und einschätzen. Man weiß, was man will. Und ich will noch lange Kabarett machen. Wie gesagt: Es ist nicht nur mein Beruf, sondern auch meine Berufung.
Ich denke an die Kritik zu Ihrem Auftritt beim SWR. Sie sprachen 2021 von einer Zahl Impftoter, die wohl so nicht stimmte.
Richtig, die Zahl liegt nach allen aktuellen Recherchen wohl deutlich höher. Man kommuniziert das leider nicht. Oder kaum, auf jeden Fall ungern. Der MDR brachte zumindest schon zwei Sendungen über massive Impfschäden und Menschen, die damit alleingelassen wurden, weil keiner helfen wollte – oder konnte. Allein in meinem Bekanntenkreis sind fünf Menschen kurz nach der Impfung verstorben. Ich möchte nur, dass auch dieses Thema kommuniziert wird.
Würden Sie das heute nicht mehr so formulieren?
Nun ja, die Zahlen waren von der EMA ( European Medicines Agency der Europäischen Union; Anm. d. Redaktion ), aber ich hätte trotzdem das Wort »angeblich« einbauen müssen, das werde ich künftig tun. So ist man aus dem Schneider. Obwohl es Aufgabe des Kabaretts ist, durch Überspitzung Schwachstellen bei Politik, Pharma, Hochfinanz und in der Gesellschaft sichtbar zu machen. Wir Satiriker und Satirikerinnen sind dazu da, die Leichen aus dem Keller zu holen. In diesem Fall war das wohl wörtlich zu nehmen und ich meine das nicht zynisch. Die Pharmaindustrie ist doch keine heilige Kuh, und sie nimmt Milliarden und Abermilliarden ein und sie verteilt ihre Gelder auch gern in der Politik und in den Medien.
Hätten Sie sich einen anderen Umgang der Medien und des SWR mit Ihnen gewünscht?
Ja, Gott, klar, das wünscht man sich oft in so einer langen Zeit als »öffentliche Person«. Wenn man die langen Jahrzehnte der Zusammenarbeit mit dem SWR bedenkt, muss ich sagen, ich hätte mir in der Tat einen anderen Umgang gewünscht. Vor allem von den Medien, deren Druck sich der SWR ja letztlich gebeugt hat. Einer hat vom anderen oft die gesamte Wortwahl abgekupfert. Und mich hat keiner gefragt. Aber das tritt sich fest und das vergeht auch wieder.
Sie nehmen es recht gelassen?
So what. Meist liege ich mit meinen Prognosen eh richtig, das war schon immer so. Wir schauen mal, ob die Zeit auch hier für mich arbeitet.
Überlegen und recherchieren Sie jetzt genauer, bevor Sie auftreten?
Jetzt klingen Sie ein bisschen wie meine Mutter. Selbstredend recherchiere ich grundsätzlich gut und lese vermutlich 20-mal so viel wie der Durchschnittsbürger, ich sammle Informationen und versuche, alle Aussagen mit Fakten abzusichern. Das habe ich schon immer getan und das werde ich immer tun.
Auch im besagten Fall?
Aber in diesem Fall, das wurde sogar von einer SPD-Abgeordneten eingeräumt, war der Link zum EU-Parlament irreführend und etwas undurchsichtig und die Antragstellerin war nicht sofort auszumachen. Das ist ja nicht mal der »Spätschicht«-Redaktion aufgefallen. Man muss heute von einem Link zum nächsten und dann noch zu weiteren drei Links gehen, damit einem kein Fehlerchen unterläuft. Aber ich sag’s gern noch mal: Die Zahl ist meines Erachtens richtig und sogar weit höher. Sie können dazu auch gerne die von mir in Auftrag gegebene Recherche auf meiner Website ansehen (www.lisa-fitz.de/news).
Sie stehen seit Jahrzehnten im Rampenlicht. Hat sich für Sie als Künstlerin der Umgang mit Ihnen verändert?
Nein, meine Fans sind superloyal und die Besucherzahlen, gerade im ersten Halbjahr 2022, sehr zufriedenstellend. Von Januar bis Bad Vilbel am Samstagabend hab ich schon knappe 40 Zwei-Stunden-Gastspiele absolviert.
War es früher anders oder einfacher?
Unterschiedlich, manches ist komplizierter geworden, manches einfacher. Aber mit dieser langen Erfahrung geht man auf die Bühne wie ins Wohnzimmer. Neu: Seit 2019 haben wir das Booking für die Gastspiele von einer früheren Fremdagentur in die eigene Firma übernommen, es liegt nun in meinen, unseren Händen.
Sie haben ein Jubiläumsprogramm zusammengestellt. Gibt es »Klassiker« an Witzen oder Liedern?
Die gibt es auf jeden Fall. Und ein paar davon sind auch in meinem Programm mit dabei. Aber nur ein paar – der Rest ist komplett neu. Wie das ganze Programm. Ich habe es anlässlich meines Bühnenjubiläums geschrieben, nicht einfach ein Best of, es ist ganz viel Aktuelles dabei.
Was dürfen die Zuschauer bei den Burgfestspielen erwarten?
Der erste Teil ist eine Zeitreise in die 60er, 70er, 80er, musikalisch und auch politisch, mit Anekdoten zu meiner Entwicklung als Kabarettistin. Der zweite Teil ein Ausblick in unsere digitalisierte mögliche Zukunft. Von Roboterisierung über Sexpuppen bis hin zum RFID-Chip. Zum Lachen und zum Nachdenken, beliebte Songs, neue Lieder – die ganze abwechslungsreiche Bandbreite meines Kabaretts.
Kabarett soll politisch sein. »Trauen« Sie sich, immer das auf der Bühne zu kritisieren, was Sie tatsächlich denken?
Ich kritisiere nicht das, was ich denke, sondern das, was andere sagen – oder tun. Das muss gutes Kabarett tun, das ist seine Aufgabe. Satire darf keinen Kotau vor der Regierung oder den Mächtigen machen, es muss deren Handeln und deren Entscheidungen infrage stellen und den Filz, der sich überall bildet, sichtbar machen.
Haben Sie Ihr Programm an das aktuelle Zeitgeschehen angepasst?
Das Programm läuft seit 2021. Das Thema Krieg bleibt an diesem Abend außen vor, das hören und lesen die Menschen ja seit Februar täglich auf allen Kanälen. Ansonsten ist Kabarett natürlich aktuell.
Erneut stehen Sie auf der Bühne der Bad Vilbeler Wasserburg. Was macht für Sie den Charme dieser Open-Air-Bühne aus?
Die unvergleichlich schöne Atmosphäre, das extrem gut gesonnene, so liebenswürdige und lachfreudige Publikum – und das ganze lauschige Ambiente.
Nach der langen Pandemie und der aktuellen Situation in der Ukraine: Merken Sie, dass sich das Publikum »verändert« hat?
Zwischendurch war es zäh, als die Zuschauer mit Masken in den Theatern sitzen mussten und sich kaum zu atmen und zu lachen getrauten. Aber auch das war eine Erfahrung. Umso schöner ist es jetzt wieder. Ich finde ja, alles ist Erfahrung, alles ist neu, alles ist spannend. Mit zunehmendem Alter werde ich zur Stoikerin. Ich bin 100 Prozent cooler als früher, viel gelassener und ich habe viel Energie. Sie werden es sehen und spüren, wenn Sie kommen.
Quelle: Frankfurter Neue Presse, 27.07.2022, Artikel von Sabine Bornemann