Aufmüpfig, satirisch, kritisch, selbst ironisch und immer mit einer Prise Humor: So präsentierte sich Lisa Fitz bei den Burgfestspielen . Sie trat in Bad Vilbel mit ihrem Jubiläumsprogramm »Dauerbrenner« auf.
Ich war die Pionierin, die erste Frau mit eigenen Texten. Damals gab es nur eine Alibifrau in einem Männerteam. Sie sang das Quotenlied, das ein Mann für sie geschrieben hatte«, blickte Lisa Fitz zurück auf die Anfänge ihrer Karriere als Kabarettistin in der Münchner Lach- und Schießgesellschaft. 1983 ist sie als erste Frau in Deutschland mit einem selbst getexteten Kabarett-Soloprogramm aufgetreten und auf Tour gegangen. Bei den Burgfestspielen gastierte sie am Samstagabend mit »Dauerbrenner – das große Jubiläumsprogramm«. Es ist inzwischen ihr 16. Programm. Mit diesem Programm tourt sie seit vergangenem Jahr durch die Republik. »Das Programm heißt ›Dauerbrenner‹, weil ich einer bin.« Nicht bezeichnet werden will sie als »Urgestein«, denn das klinge nach »versteinertem Wurm« und auch nicht als »Grande Dame«, was sich nach »Queen Mum« anhöre, kokettierte Fitz bei ihrem Auftritt in Bad Vilbel. Wenn schon eine Etikettierung benötigt werde, dann bevorzuge sie es, ein »Urviech« zu sein und möchte als »weiß-blauer Hai« bezeichnet werden. Zu Beginn ihres Jubiläumsprogramms erinnerte Lisa Fitz an die Geburtsstunde des Kabaretts 1881 im Pariser »Le chat noir«. Gegründet hatte das Kabarettlokal »Der Schwarze Kater« Rodolphe Salis auf dem Montmartre. »Dort haben die aufmüpfigen Franzosen ihrem Unmut über die Politik und Politiker Luft gemacht«, lobte Fitz. Auch die 70-Jährige hält mit ihrer Meinung nicht hinter den Berg, nennt Ross und Reiter, klärt auf, stellt in Frage und kritisiert. Mainstream bedient sie nicht, und an der Political Correctness hangelt sie sich oft mit ihren messerscharfen Pointen entlang.
»Wer ein Selbstbewusstsein hat, braucht kein Nationalbewusstsein«, ist sie sich sicher. »Es gibt Politiker, die zeigen, wie man auch im Liegen noch umfallen kann« oder »viel gefährlicher als die globale Erwärmung ist die globale Verblödung. Weil sie erstere bedingt.« »Auf jeden Shitstorm folgt ein Fitzstorm«, wie auf Angriffe gegen ihren ersten Ehemann mit dem Lied »Mein Mann ist ein Perser, ein ganz Perverser«.
Stolz ist sie, dass sie 2019 mit dem Bayrischen Verdienstorden ausgezeichnet wurde und 2015 mit dem Kabarett-Ehrenpreis des Bayerischen Fernsehens. Ein Ende ihrer Karriere, die sie mit zehn Jahren als »Waldschrat« begann und dann nach dem Schauspielstudium als singende Moderatorin der Bayrischen Hitparade mit 70 Prozent Einschaltquote bei drei TV-Programmen fortsetzte, denkt sie nicht: »Ich bleibe, bis ich bröckle. Mit mir habt Ihr zu rechnen, bis ich 90 bin!« Ausgehalten habe sie die Volksmusik nur mit Bier, gestand sie. Und sie erinnerte an den Bruch in ihrer Karriere, ausgelöst durch einen ihrer Geistesblitze, mit dem Adorno-Zitat »Es gibt kein richtiges Leben im Flaschen«.
Lisa Fitz stolzierte in sichtlich unbequemen High Heels über die Bühne, griff immer wieder zur Gitarre und nahm ihr Publikum mit auf einen kurzweiligen, politischen und musikalischen Rück- und Ausblick. Sie erinnerte vom Aufbruch aus der kleinbürgerlichen Enge dank sexueller Revolution, die »noch kein Transenfasching war« und bei der galt: »Wer zwei Mal mit der-/demselben pennt, gehört schon zum Establishment«. Sie berichtet von Oswald Kolle, die Pille – »what a fucking chance for the girls« – und ganz im Sinne des Titels ihrer Autobiografie von ihrem »langen Weg zum Ungehorsam«. Den würzt sie in ihren Programmen immer wieder mit rebellischen Liedern aus eigner Feder.
Sie erinnert an die prägenden Größen einer ganzen Generation im Showgeschäft wie die Beatles. Aber auch an die noch größeren Erfolge der Amigos, der deutschsprachigen Musikgruppe auf dem Gebiet des volkstümlichen Schlagers. »The walking dead aus Villingen hatten in Deutschland mehr Nummer eins Hits als die Beatles. Das sagt mehr über Deutschland aus als die ganze dilettantische Corona-Politik.« Che Guevara, Woodstock, Apollo 11, die Gemeindereform und der raue Ton in der Politik, als der bayerische Ministerpräsident Franz Josef Strauß Künstler und Journalisten als »Ratten und Schmeißfliegen« beschimpfte und sagte »Der Spiegel ist ein Scheißhausblatt«.
Fitz dazu: »So zwielichtig Strauß als Mensch und Politiker war, aber auch stockbesoffen hat er noch ein intelligenteres Interview gegeben wie Karl Lauterbach stocknüchtern.« Den Lockdown bezeichnete sie als »Lebendfalle«.
Im zweiten Teil widmete sich die Kabarettistin mit sorgenvollem Blick Fragen wie: »Wo gehen wir hin, als Deutschland und als Menschheit«? »Manchmal habe ich Angst, dass wir vor einem Abgrund stehen«, bekannte sie. Der Mensch habe begonnen, sich mit Robotern selbst abzuschaffen. Sie fürchte aber nicht die Künstliche Intelligenz, »sondern die natürliche Blödheit«. Die Bilanz beim Vergleich von Gestern und Morgen lautete zwar »früher war’s lustiger«, aber sie schlug am Ende mit dem besinnlichen Lied »Deutschland, ich bin dein Kind«, trotz aller Kritik doch versöhnliche Töne an.
Mit freundlicher Genehmigung der Wetterauer Zeitung
Artikel von Christine Fauerbach