„Dauerbrenner“: Bayerisches Kabarett-Urgestein singt im Kulturkraftwerk über „Bledheit“ und Deutschland
Goslar. Vom netten bajuwarischen Mädel, das über sein Kaugwnmi singt, bis zur Urgewalt einer alpinen Felslawine, von der braven ewig blonden Hitparadenmoderatorin zur scharfzüngigen Kabarettistin, die sich das „Mei“ nicht verbieten lässt: 50 Jahre steht Lisa Fitz schon auf der Bühne, aber sie ist kein bisschen leiser geworden, was sie jetzt im Kulturkraftwerk eindrucksvoll unter Beweis stellte. „I bin halt bled“. Den Refrain des Erfolgslieds aus alten Tagen konnten die Besucher im vollständig ausverkauften Kraftwerk sofort mitsingen. Es sei schon damals satirisch gemeint gewesen, versicherte Fitz. Ob das aberjeder kapiert hatte? „Dauerbrenner „, so nennt sie ihr Jubiläumsprogramm, besteht aus zwei sehr unterschiedlichen Teilen, beide wuchtig und energiegeladen, der erste ein Rückblick, in dem Fitz erzählt, wie sie zu dem wurde, was sie ist, der zweite ein politisch-gesellschaftlicher Rundumschlag, zornig, bissig, scharfzüngig und ohne Angst davor anzuecken: „Auf jeden Shitstorm folgt ein Fitzstorm“, kündigt sie angesichts der teils heftigen Reaktionen an, die sie in den vergangenen Jahren hervorrief.
Wie ist das, wenn das Hitparaden-Vorzeigemädchen einen Perser heiratet und dann auch noch schwanger wird? Wo das Publikum doch sich für sie eher einen Hansi Hinterseer vorstellte, so eine Art Söder in Blond? „Lisa, dir soll die Gebärmutter aus dem Leib faulen“, zitiert sie aus ihrer „Fanpost“. Und dann machte sie ein Lied daraus und sang es. Live im bayerischen Fernsehen. „Wissen Sie, damals musste man seine Texte nicht vorher vorlegen“, sagt sie, greift zur Gitarre und schmettert los: „Mein Mann ist ein Perser, ein ganz perverser…“ Die Wirkung: „Ich erinnere mich nur noch duikel an ein völlig ratloses, verstörtes Publikum.“ Der Sohn aber wurde offenbar ein „echter Fitz“. Auf die Frage seiner Mitschüler „Stimmt es, dass deine Mutter drei Männer hat?“ soll er gelassen erwidert haben: „Wieso, hat deine Mutter nur einen?“
Nachdenklich, hart und bitter wurde es beim Blick auf die Gegenwart. Was wird aus Gretas Kindern? „Wenn die Eltern die Rechnung für den Klimaschutz kriegen, dann haben sie zwar saubere Luft, aber keine Rente mehr.“ Boshaft spießte sie Politiker auf wie Ursula von der Leyen („Wenn die den Raum betritt, gefriert doch das Leitungswasser“) oder Anton Hofreiter („Das ist der einzige Mann, zu dem ich sagen würde: Geh doch zum Frisör. Der sieht ja aus wie Jesus in der Mauser“). Und immer wieder Karl Lauterbach, der ungeliebte, und die Pandemie. Wie das wohl in 20 Jahren aussehen wird? „Mei, des war noch die gute alte Zeit, da hat uns noch Mutti regiert, und im ganzen Bundestag war keine einzige künstliche Intelligenz. Nur natürliche Dummheit.“ Eben alle bled, und damit schließt sich der Kreis. Wütend wird Fitz, wenn sie daran denkt, „wie die Regierung ganze Wirtschaftszweige crashen lässt“, und poltert: „Der Satz ,Kultur ist nicht systemrelevant‘ gehört ins Guinnessbuch der Rekorde als dümmster Satz der Geschichte.“. Nein, von Viren und Fledermäusen will sie sich nicht bange machen lassen. Lieber singt sie ein Lied gegen die Angst. Mit einem stillen „Deutschland, quo vadis?“ zeigt sie schließlich, dass man sein Land lieben und schätzen kann, ohne dabei völkisch zu werden. Ganz schlicht nur mit Stimme und Gitarre singt sie von Deutschland, seiner Geschichte, seinen Fehlern und der bedrohten Gegenwart. „Kritisieren und Liebe ist kein Widerspruch.“
Am Ende gibt es stehende Ovationen und donnernden Applaus für die niederbayerische Urgewalt. Und von Fitz ein dickes Lob für das Kulturkraftwerk, die tolle Tontechnik und das zauberhafte Licht.
Mit freundlicher Genehmigung der Goslarschen Zeitung
Artikel von Petra Hartmann