Von Bodo Schnekenburger 04.08.2016 Schwarzwälder Bote
Rottweil – Wer sagt denn, dass die Welt immer komplizierter werde? So lange es Menschen gibt, die sie zu erklären verstehen, kann sie gar nicht kompliziert genug werden, um erschreckend einfach zu sein. So gesehen ist der Ferienzauber-Abend am Mittwoch auch unter dem Motto „Aufklärung“ zu verstehen. Denn verstehen lernen kann das Publikum bei Lisa Fitz immer. Das wissen die Ferienzauber-Besucher nicht erst seit Mittwoch. Vor 25 Jahren war die bayerische Kabarettistin erstmals beim Rottweiler Sommerfestival zu Gast, dann Mitte der 1990er-Jahre wieder, 2007 und 2012 sorgte sie am Wasserturm ebenfalls für laute Lacher und solche, die im Halse steckenbleiben.
Diesmal geben sich im Zelt unterm Wasserturm geben sich die Damen die Klinke in die Hand. Mal blitzsauber poliert von Reinemachekraft Hilde Eberl, mal aufklärerisch instrumentalisiert von Inge von Stein, nach der Pause konspirativ verriegelt von Olga Geheimnikowa und schließlich im großen Miteinander der Landfrauen schwungvoll und launig gedrückt von christsoziale Abgeordnete Gerda Wimmer. Das sind die Figuren, die Lisa Fitz in ihrem Programm „Weltmeisterinnen – gewonnen wird im Kopf“ auflaufen lässt. Warum? Das sorgt nicht nur für ein bisschen Abwechslung, sondern diesen Figuren kann die Kabarettistin Lisa Fitz besondere Kompetenzen zuschreiben. Vom täglichen Ärger mit dem Straßenverkehr – dafür hat Frau Eberl eine entwaffnend einfache Erklärung parat, die sie aus dem eigenen Bekanntenkreis kennt – bis hin zur Enthüllung, wer die Fäden im Weißen Haus – dem in den USA – zieht, und das schon seit einigen Präsidenten.
Man ahnt es: Was man schon immer geahnt hat, erfasst die Wahrheit nicht einmal annähernd. Oder doch? Nicht alles ist überzeichnet, was an diesem Abend auf der Bühne im Zelt verhandelt wird. Die Figuren sind es freilich. Die vier „Weltmeisterinnen“ eint nicht nur ihre Spezialkompetenz, sondern die Zuspitzung auf einen Typ, die vor keinem Klischee Halt macht. So spitz die Texte auch sind, hier läuft Lisa Fitz zu Hochform auf. Insbesondere als Hilde Eberl kann sie über die Merkwürdigkeiten der Welt und der Nachbarn, Bekannten und Lebenspartner herziehen, wie ihr der bayerische Schnabel gewachsen ist. Ach ja, und die Nachbarn, Bekannten und Lebenspartner sind auch nur eine weitere Projektionsfläche für die Merkwürdigkeiten der Welt, die durch die Verknüpfung mit den Personen an Authentizität gewinnen.
Spätestens beim Thema E-Mails, für das Feministin von Stein die Fachkraft ist, können alle als Betroffene gelten. Und als die Geheimnikowa wehmütig „Otschi Tschornyje“ anstimmt, weiß man, dass die gute alte Welt weg und die schöne neue höchst erklärungsbedürftig ist.