Lisa Fitz im Alten Kino
Von Ulrich Pfaffenberger, Ebersberg
Auftritt Hilde, die Putzfrau. Meckernd und maulend moppt sie sich ihren Weg zur Bühne. Der Zustand der Welt, die Verkommenheit der Politik, die Ignoranz der Menschen. Wäre da nicht ein gelegentiches ehrliches Lachen, man könnte meinen, die legendäre Else Kling sei wiedererstanden. Es ist ein treffsicherer Einstieg, den Lisa Fitz für ihr neues Programm „Weltmeisterinnen“ gewählt hat und er zieht das Publikum bei der Vorpremiere am Samstag-abend im Alten Kino gleich auf ihre Seite. Ein bisschen spielt da natürlich auch der Stolz herein: Die große Lisa, hier bei uns, bevor alle anderen sie erleben dürfen…
Auch eine erfahrene Rampensau wie Fitz braucht ein Labor, in dem sie die Zutaten für ihre neue Satireformel auf Wirksamkeit testen kann. Es ist legitim, sich dafür eine Bühne zu suchen, die zwar nicht im kulturellen Niemandsland steht, aber auch nicht übersättigt ist mit Spektakeln aller Art. Dafür sind Ebersberg und die Programmpflege des Alten Kinos wie geschaffen. Weshalb sich der anfängliche Stolz im voll besetzten Haus auch schnell in aufmerksames Mitgehen und erwartungsvolles Lachen, Murmeln, Kichern, Raunen und Seufzen wandelt. Das ganze Spektrum an Emotionen eben, die Satire auslöst.
Vier Personen bringt Lisa Fitz auf die Bühne, um zu zeigen, wie Frauen die Welt und ihren mitunter desolaten Zustand meistern. Neben Volkes Stimme, die aus Hilde Eberl spricht, sind das die männersatte, abgebrühte Journalistin Inge von Stein, die scharfäugige Spionin Olga Geheimnikova und die bauernschlaue CSU-Politikerin Gerda Wimmer. Vielleicht ein bisschen phantasielos, diese Namenswahl, aber letztlich weniger gewichtig als die verkörperten Rollen und Perspektiven. Da sendet Fitz ein unmissverständliches Signal: Frauen nehmen die Welt aus allen Perspektiven wahr.
Im Lauf des Abends kristallisiert sich noch ein zweites Charakteristikum heraus, für das jedes, auch ein verwöhntes, intellektualisiertes Stadtpublikum dankbar ist: Hier wird nicht mit der Nadel gepiekst, hier werden erkannte, überwiegend männliche, Sauställe mit der Mistgabel aufgeräumt. Da bleibt sich Lisa Fitz in ihrer Geradlinigkeit und Offenheit treu, setzt gelegentlich erfreulich derbe Hiebe und scheut politische Unkorrektheiten nicht, wenn sie damit eine Angelegenheit klarstellen kann. Das sind dann die Momente fürs Murmeln und Raunen.
Manche Passagen des Programms wird man in der Tat erst im Laufe der drei Jahre bewerten können, auf die seine Laufzeit angelegt ist. Ob Angela Merkels Mimik sich dann immer noch als Gegenstand spöttischer Ratschläge eignet? Könnte sein. Aber das schlechte Englisch eines Günther Oettinger, das Gschau des Sigmar Gabriel („wia a duschde Katz“) oder die Mautstrategie eines „Herrn Doofrind“ sollten bis dahin jedenfalls der Revision unterzogen werden, wenn sie nicht von selbst der Aktualität zum Opfer fallen.
Was das große Vergnügen beim Zuschauen und Zuhören im Auftritt von Lisa Fitz ausmacht, ist: erstens ihre meisterhafte Kunst, Botschaften zuzuspitzen und dabei mundartlich absolut sauber zu bleiben; zweitens die zeitschonende Geradlinigkeit und Lakonie ihrer Gedanken; drittens ihre Fähigkeit, messerscharf zu analysieren und das Ergebnis als Carpaccio zu servieren – roh, aber schmackhaft; und viertens ihre unbandige Energie von der ersten bis zur letzten Minute. Da hat sie denen, die sie sich vornimmt, so viel voraus, dass man sie mit Fug und Recht die „Tina Turner der bairischen Satire“ nennen darf. Denn singen, auch das beweist sie an diesem Abend, kann sie so gut und so mitreißend wie eh und je. Stürmischer Applaus mit gedanklicher Umarmung lohnt es ihr.
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