Die Kabarettistin Lisa Fitz zu Gast in der Stadthalle Northeim.
Von Peter Krüger-Lenz
Northeim. Lisa Fitz ist schon seit Jahrzehnten im Geschäft. Sie war schon Kabarettistin, als es Kabarettistinnen noch gar nicht gab. „Ich bin die Pionierin“, sagt Fitz selbstbewusst und liegt damit komplett richtig. Schon 2021 sollte sie in Northeim auftreten. Die Pandemie war dagegen. In diesem Jahr hat es dann geklappt, auch noch am Weltfrauentag. Ein besseres Datum kann es für einen Auftritt von Fitz kaum geben, eine starke Frau, die sich immer kopfüber in ihr Leben gestürzt hat, mit allen Risiken und Chancen. „Dauerbrenner“ hat sie ihr Programm genannt, in dem sie ihr Leben ausbreitet und dabei an die Zeitgeister der Jahre erinnert. 71 Jahre alt ist sie jetzt und kein bisschen leise. Ein Tattoo blitzt manchmal auf. Die Gürtelschnalle ziert ein silberner Totenkopf. Die Schuhe machen sie ein wenig größer. Fitz kommt aus einer Zeit, in der Frauen beim Tanz noch Tanzsportgerät genannt wurden, erzählt sie. Sie sei die erste Frau mit eigenen Texten gewesen. Doch Urgestein will sie nicht genannt werden, das klinge zu hart. Grande Dame? Auch nicht. „Das klingt nach Queen Mom.“ Quastenflosser oder Pfeilschwanzkrebs gefallen ihr besser. Am besten jedoch: „Lisa Fitz, der weißblaue Hai aus der Urzeit.“
Von ihrer Begeisterung für die Beatles spricht und singt sie und ihr Verliebtsein in Paul McCartney. Der habe aber nicht auf ihren Liebesbrief geantwortet, den sie ihm als Teenager schrieb. „Jetzt mog I ihn a nimmer“, bekennt sie in breitem Bayerisch. Und wer hatte mehr Nummer-eins-Hits als die Beatles? Niemand im Publikum, Fitz nennt die Besucher „Weißkopfseeadler“, weiß die Antwort. Fitz verrät: die Amigos. „Das sagt mehr über Deutschland aus als die dilettantische Corona-Politik.“ Fitz, ganz Kabarettistin. Aber sie geißelt oft sehr pauschal. Mit der Studentenrevolte sei sie aufgewachsen und mit der sexuellen Revolution. Das sei „nicht so ein Transenfasching wie heute“ gewesen. LSD habe damals die Runde gemacht, die Pille veränderte das Leben. Frauen hätten damit erstmal eine Lebensplanung anstellen können „oder eine Männerplanung“. Aus den Lautsprechern schallt laut James Brown: „Like A Sex Machine“.
Die Zeit der Studentenrevolte war auch die Zeit von Franz Josef Strauß in Fitz’ Bayern. Sie erinnert an dessen Spezl-Wirtschaft und seine öffentliche Schmähung, Journalisten seien „Ratten und Schmeißfliegen“. „Heute wäre er schneller weg als wenn er bei der Flut lacht“, sagt Fitz mit Blick auf den PR-Gau von Armin Laschet bei dem verheerenden Hochwasser in Ahrweiler. Aber: Strauß habe besoffen ein intelligenteres Interview gegeben als Jens Spahn stocknüchtern. Fitz erzählt von ihrem Einstieg ins Showgeschäft als Moderatorin der bayerischen Hitparade, „mittendrin in der Deppenhölle“. Nach ihrem Ausstieg habe sie „viel getrunken, viel gedacht, viel geschrieben“. Bis sie einen Mann kennenlernte, ein wilder Schlagzeuger, rebellisch, „ein bayerischer Perser“. Männer sind natürlich auch ein Thema in Fitz’ Leben und an diesem Abend, geliebt und gehasst. Politiker watscht sie wegen ihres Äußeren, im Bundestag gebe es keine künstliche Intelligenz, sondern nur natürliche Dummheit. Corona verarbeitet sie in einem Lied: „Es ist ein Vir’ entsprungen aus einer Fledermaus.“ Aus dem Publikum, vor allem Frauen sind an diesem Abend gekommen, tönen immer wieder Zwischenrufe der Zustimmung. Man ist sich einig. Das zeigt auch der laute und ausdauernde Beifall am Ende des Abends. Nach mehr als zwei Stunden wirkt Fitz kein bisschen erschöpft. Ein beeindruckender Abend mit einem blauweißen Hai aus der Urzeit.
Quelle: Göttinger Tageblatt vom 09.03.2022, Artikel von Peter Krüger-Lenz